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Der Frankenstein

und die Frankensteingemeinde

 

Frankensteiner Historie
Aufstieg und Niedergang der Frankensteiner
Aufforstung des Berges und Bau einer "Kunstruine"
Die Gründung der Frankensteingemeinde
Bau des Sippungsraumes, der "Klause"
Höhepunkte im Vereinsleben
Auflösung und Neugründung der Frankensteingemeinde

 
Frankensteiner Historie
 
Die Assoziation zu Mary Shelleys gleichnamiger Titelfigur des 1818 erschienenen Klassikers der phantastischen Literatur stellt sich bei dem Namen "Frankenstein" wohl eher ein, als die zu Berg und Burg gleichen Namens. Doch weitaus älter ist das Rittergeschlecht derer von Frankenstein, das in dieser Region seinen Stammsitz hatte.

Der Berg Frankenstein unweit Bad Salzungens ist eine geschichtsträchtige Stätte. Auf ihm befand sich die Stammburg der ehemals länderreichen und begüterten Dynasten von Frankenstein. Wann die alte Feste erbaut wurde - ob nach der Schlacht an der Unstrut im Jahr 531, als Franken und Sachsen gemeinsam die Thüringer besiegten und danach in die eroberten Gebiete besiedelten und Zwingburgen errichteten, um Heer- und Handelsstraßen zu schützen - oder unter Karl dem Großen, der nach einem Aufstand eines thüringischen Grafen im Jahr 785 viele Thüringer verbannte und statt ihrer Franken in Thüringen ansiedelte, ist nicht mehr genau zu eruieren. Fest steht aber, daß die Gründung der Burg in den Zeitraum 6. - 8. Jahrhundert fällt.

  Die fränkischen Ritter haben sich nach ihren neuangelegten Burgen genannt: von Frankenstein. Schriftliche Überlieferungen der Herrschaft "Frankenstein" beginnen im Jahr 816 mit Karl von Frankenstein.Ritter

Ein Frankensteiner, Ludwig III., spielte eine besonders unrühmliche Rolle. Er zog Anfang/Mitte des
13. Jahrhunderts raubend, plündernd und mordend durchs Land und war als Raubritter arg in Verruf gekommen.

Im Jahr 1272 stiftete Heinrich von Frankenstein das unterhalb des Berges gelegene Kloster Allendorf, in dem 45 Nonnen nach den Regeln des Benediktinerordens lebten.

Die Stammburg der Herren von Frankenstein stand nicht auf der Höhe, sondern etwas unterhalb am Südhang des Berges (sogen. "Kleiner Frankenstein").

 
Aufstieg und Niedergang der Frankensteiner
 
Die Herren von Frankenstein waren thüringische Vasallen, ihre Besitztümer aber waren teils Hersfelder, teils Würzburger und teils Fuldaer Lehen. Seit 1137 findet sich das erbliche Lehensverhältnis über Salzungen bei den Grafen von Frankenstein (urkundlich verbrieft unter Ludwig von Frankenstein). Nach einem anfänglich glänzenden Aufstieg verstrickten sich die Frankensteiner infolge zahlreicher Fehden zwischen den Abteien Fulda und Hersfeld, die um die Vorherrschaft in unserer Region stritten, permanent in deren Händel und gerieten zwangsläufig zwischen die Lager.

Zur Einnahme und Zerstörung der Burg durch den kriegskundigen Abt Bertho von Fulda kam es unter dem Frankensteiner Heinrich I. im Jahre 1266, danach wurde die Anlage wieder instandgesetzt. Anno 1295 wurde die Burg im Gefolge von kriegerischen Erbauseinandersetzungen durch König Adolf von Nassau eingenommen und gründlich zerstört.

  Die Frankensteiner waren nicht in der Lage, ihre verödete Stammburg wiederaufzubauen. Heinrich II. verließ die Burg, siedelte nach Salzungen über und verkaufte ein Erbstück nach dem anderen. 1306 übergaben die Frankensteiner die eine Hälfte von Salzungen an das Stift in Fulda. 1330 ging die andere Hälfte der Stadt Salzungen an Berthold den Weisen von Henneberg-Schleusingen über. Seit 1344 verfügten sie über keine Territorialgewalt mehr und verarmten vollends.

1354 verzichtete Dytrich, der letzte Frankensteiner, auf alle Ansprüche an den Bischof und das Stift zu Würzburg. Die Burganlage verfiel vollends, und außer Spuren des Wallgrabens ist heute nichts mehr von ihr übriggeblieben. Ihre Mauersteine dienten der Erweiterung des Klosters Allendorf, dem Wiederaufbau der durch Brand zerstörten Salzunger Stadtkirche und manchem neu errichteten Haus.

 
Aufforstung des Berges und Bau einer "Kunstruine"
 
Um auf dem kahlen Berggipfel (sogen. "Großer Frankenstein") - der zwar eine herrliche Aussicht bot, aber vollkommen baumlos war - dem Wanderer Schutz zu bieten, errichteten Naturfreunde eine hölzerne Schutzhütte, die sogenannte "Schwindelburg". Sie stand nur 10 Jahre und stürzte 1863 nach einem Unwetter zusammen.

Den Frankenstein für den Fremdenverkehr zugänglich zu machen, bemühten sich seit 1879 der Salzunger Bürger und Rechtsgelehrte Dr. Höfling sowie viele engagierte Salzunger Bürger und organisierten Spendensammlungen für dieses Vorhaben. Auch Konzerte und Lotterieeinnahmen besserten den Frankensteinfond auf. Gelder des Fonds dienten dem Ankauf von Grundstücken, dem Anlegen von Wegen und der Inangriffnahme der Bewaldung und Aufforstung des kahlen Berges. In mühsamer Arbeit wurden durch die Schuljugend in Kloster Allendorf und Dorf Allendorf 2500 Nadelbäume angeforstet (das Wasser dazu wurde in Gießkannen und Kübeln auf die Höhe getragen!)

Der nächste Schritt war der Bau einer steinernen, turmartigen Burgruine auf dem Berggipfel.

  Die Skizze hierfür war durch einen Baumeister in Meiningen entworfen und von Herzog Georg II. mit einer von ihm vorgenommenen Änderung genehmigt worden. Der Bau konnte jedoch wegen fehlender Mittel nicht restlos vollendet werden - die vorgesehene Turmhöhe von 15 Metern mußte mit zehn Metern zum Abschluß kommen. Die Einweihung der Burgruine fand am 6.9.1891 statt.Burgruine Frankenstein, Rückansicht Von ihrer Plattform aus bot sich ein herrlicher Rundblick auf Thüringer Wald und Rhön, ins Werratal und in den Moorgrund.

Abb.: Ruine Frankenstein, Rückansicht

Unter den Kriegswirren des 1. Weltkrieges hatte auch der Frankenstein zu leiden. Die Steine des obersten Turmkranzes waren herausgebrochen worden und fanden beim Bau von Stallungen Verwendung.

 
Die Gründung der Frankensteingemeinde
 
Zwecks Pflege sowie zur Erhaltung von Turm und Burganlagen legte am 11.06.1923 Bezirksschornsteinfegermeister Otto Wehner aus Schultheiß Otto WehnerSalzungen die Bestrebungen und Bräuche der Berg-, Burg- und Waldgemeinden dar und regte die Gründung der Frankensteingemeinde an. Er wurde ihr erster Schultheiß und 67 Einwohner aus Salzungen, Kloster Allendorf und Dorf Allendorf traten der Gemeinde bei. Gewählte Vorstandsmitglieder waren außerdem: Vizeschultheiß, Gemeindeschreiber, Säckelwart, Gemeindepoet, Gemeindekantor, Nachtwächter und Büttel.   Die Mitglieder der Frankensteingemeinde Siegel Frankensteingemeindegaben sich eine Satzung. Darin war u.a. verankert, daß in der Frankenstein- Gemeinde nur die altdeutschen Monatsnamen: Hartung, Hornung, Lenzing, Oster, Maien, Linding, Heuert, Ernting, Scheiding, Gilbhard, Nebelung und Jul zu gebrauchen sind. Die Anrede "Sie" gab es nicht, nur "Nachbar" und "Nachbarin". Statt "Prost" sagte man "Willkumm", Beifall wurde durch "Wacker", Mißfallen durch "Wehe" Ausdruck gegeben. Die Versammlungen, die im allgemeinen monatlich ein Mal stattfanden, hießen "Sippungen".
 
Bau des Sippungsraumes, der "Klause"
 
Ruine Frankenstein, VorderansichtErhaltungs- und Verschönerungs- Arbeiten an den Frankensteinanlagen wurden durch Spenden und Zuschüsse ermöglicht und die Gemeinde leistete viele freiwillige Arbeitsstunden im "Frondienst".

Abb.: Ruine Frankenstein 1939, Vorderansicht (mit Klause li.)

  1923 erfolgte die Grundsteinlegung zum Bau eines Sippungsraumes, der Klause. Die Steine dafür stammen aus dem nahegelegenen Steinbruch und wurden im Frondienst auf die Berghöhe gebracht, um hier Verwendung zu finden.

Am 31.05.1924 fand die Einweihungsfeier der Klause statt.

 
Höhepunkte im Vereinsleben
 
Tracht der FankensteingemeindeHöhepunkte im Gemeindeleben waren das Stiftungsfest im Frühjahr, das altdeutsche Julfest und die Kirmes im Herbst. In alten Trachten wurden die Bräuche und Tänze der Vergangenheit wieder sichtbar gemacht.

Besondere Höhepunkte der Frankensteingemeinde waren das Ausrichten des Bundestreffens der Thüringer Berg-, Burg und Waldgemeinden 1930 auf dem Frankenstein, die Feier ihres 10jährigen Stiftungsfestes am 11.06.1933 (unten) und die Einweihung der Otto-Wehner-Halle am 11.09.1935.Stiftungsfest 1933

  Vorstandsmitglieder der FrankensteingemeindeUnter Führung ihres Schulzen, Otto Wehner, (Mitte) erwarben sich die "Frankensteiner" bald einen geachteten Namen im Bunde der Berg-Burg- und Waldgemeinden. Er versah bis zu seinem aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Rücktritt 1936 das Schulzenamt (danach Ehrenschulze).

Vizeschultheiß waren Baugewerksmeister Armin Hill und Lehrer Karl Bing (oben li.), der nach Gemeindebüttel und NachtwächterWehners Rücktritt, zum Gemeindeschulzen gewählt wurde. Säckelwart war bis 1937 Prokurist Adolf Schneider (oben re.), Nachfolger wurde Schmiedemeister Karl Urban. Als Gemeindepoet fungierte Rektor Ernst Tenner, als Gemeindekantor der Musiklehrer E. Schwarz.

Gemeindeschreiber und Nachtwächter war Buchhalter Max Krauß (li.), Gemeindebüttel Wilhelm Hebstreit (re.).

 
Auflösung und Neugründung der Frankensteingemeinde
 
Mit Beginn des 2. Weltkrieges kam die Tätigkeit der Frankensteingemeinde zum Erliegen. Zu DDR-Zeiten, als keine Vereinstätigkeit zugelassen war, wurde die Ruine Frankenstein samt ihren Anlagen dem "VEB Hartmetallwerk Immelborn" zur Nutzung überlassen, ein Betriebsferienlager betrieben, das Gelände eingezäunt und der Öffentlichkeit entzogen.

Nach der gesellschaftspolitischen Wende von 1989 gründete sich der neue Verein "Frankensteingemeinde - Verein für Salzunger Geschichte" am 27.06.1991 neu und führt seitdem die alten Traditionen der ehemaligen Frankensteingemeinde fort.

Abb.: Gruppe der "Frankensteiner" in traditioneller Tracht 2001
(Klick auf Foto zur GROSSAUFNAHME)
Gruppe der Frankensteingemeinde

  Als Schultheiß wurde Frau Margot Wilke gewählt.

Zahlreiche Initiativen wurden bisher vom Verein gestartet, u.a. sind zu nennen:

Beseitigung der Altlasten rund um die Ruine
Herrichtung von Wegen.
Ausrichtung von Veranstaltungen zu besonderen Höhepunkten und Festtagen.
Instandsetzung und Ausstattung einer der Frankensteinhütten, Renovierung und Ausstattung der Klause.
Bewirtschaftung des Frankensteins für Wanderer und Kurgäste.
Aufbau und Betreuung des Heimatmuseums im Allendorfer "Türmchen".

Dies alles erforderte viel ehrenamtliche Arbeit und gelang nur mit Unterstützung seitens der Stadtverwaltung Bad Salzungen.

(wird fortgesetzt)

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Quellen:
Heimatwarte, 17. Jahrg.
Frankensteiner Heimatblätter
Eigene Unterlagen